Rich Visual Fumetto 2025

Was ist Reichtum? – Gedanken vom Fumetto-Festival

26.04.2025 von Ondine Riesen

In diesem Blogbeitrag reflektiert Ondine ihre persönlichen Eindrücke vom Fumetto-Festival in Luzern und beschreibt, wie vielfältig Reichtum interpretiert werden kann. Als Selbstbestimmung, Sinnhaftigkeit und Flow oder als eine im Coop gekauften Krone.

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Mehr Zähne = mehr Geld

Dieses Jahr durfte ich als Jury-Mitglied beim Fumetto Comic Festival in Luzern amten. Die Werke zeigten: Bankräuber, Day-Trader, Märchenfiguren, Champagner, Dinosaurier, Boobjobs, Lottoscheine und mehr. Das Thema lautete: «Rich» – ein Begriff, der im ersten Moment nach Geld klingt, aber in den gezeigten Werken weit über finanzielle Ressourcen hinausgeht. 

In vielen Comics geht es nicht um Besitz, sondern um die Gier und deren Auswirkung auf den eigenen moralischen Kompass. In einem von der Jury lange diskutierten Comic hat ein Junge erlickt, dass mehr Zähne unter dem Kopfkissen, mehr Geld der Zahnfee bedeutet. Also bedient er sich am Gebiss seiner schlafenden Grossmutter. 

Reichtum ist, sich Statussymbole kaufen zu gehen.

Comic von Margrit Weber
Wunsch an die Zahnfee (Comic von Margrit Weber)

Reichtum ist die Akkumulation von Geld

Es ging auch um Statussymbole. Die jüngste Zeichnerin (Jahrgang 2017) hat beispielsweise einen König gezeichnet, der im Coop eine neue Krone kauft. In vielen Comics der jüngeren Künstler:innen ging es aber um die Gegenüberstellung von Gier vs. Zeit für Schönes. Im Sinne von: Wenn man sich nur um die Akkumulation von Geld kümmert, bleibt keine Zeit für Freundschaften. 

Reichtum ist, genug zu haben, um die schönen Dinge des Lebens nicht zu verpassen.

Weiss was wahrer Reichtum ist (Comic von Angelo Saum)
Weiss was wahrer Reichtum ist (Comic von Angelo Saum)

Ein Thema, das auch behandelt wurde, waren die Auswirkungen der Abwesenheit von Reichtum. Die Tochter, die (noch) hoffnungsvoll alleine zu Hause auf ihre Mutter wartet, die einer Schichtarbeit nachgeht. Die verzweifelte Künstlerin, die sich nur wünscht, reich zu sein. Die neue Mitarbeiterin, die in einer grotesk schlimmen Arbeitsumgebung einen Job annimmt. 

Reichtum erlöst bzw. bewahrt vor Leiden.

Ich wünschte, Ich wär eine reiche Künstlerin (Comic: Miriam Klauke)
Ich wünschte, Ich wär eine reiche Künstlerin (Comic: Miriam Klauke)

Obwohl die Vielfalt der über 1300 international eingereichten Comics gross war, wurde Reichtum fast ausschliesslich negativ konnotiert dargestellt. 
Meine Vermutung: weil die Teilnehmenden auf wenig bis keine positiven Vorbilder zurückgreifen können, wie Reichtum inspirierend gelebt werden könnte.

Reichtum ist schlecht.

Das Bedürfnis ist nicht Geld

Der spätkapitalistische Zeitgeist, in dem wir weilen, lässt auch Gesellschaftsschichten über Reichtum oder «finanzielle Freiheit» fantasieren, was einst nur den obersten wenigen Prozent vorbehalten war. Der Tenor lautet: «Reichtum ist nicht das Ziel, sondern die Freiheit, die es mir bringt, die Dinge zu tun, die ich tun will.» Es geht also weniger um Geld, sondern um Selbstbestimmung. Es geht darum, dem eigenen Leben die Sinnhaftigkeit geben zu dürfen, die man sich ersehnt. Wer keine Ideen dafür hat, widmet sich erst Exzessen und Konsum. Wer davon gelangweilt wird, entwickelt Freude in der Unterstützung anderer und wer genug Genugtuung daraus ziehen konnte, findet dieses eine Etwas, was den Flowstate im Alltag optimal zulässt.

Reichtum ist tun können, was ich will.

Wer einen Job sucht oder Mitarbeitende einstellt, wird die Erfahrung gemacht haben, dass der Lohn nicht mehr denselben Stellenwert hat wie einst. Es geht um Freiheit, Flexibilität, Zeit und/oder um die Sinnhaftigkeit der Arbeit und die Möglichkeit, sich selbst, eigene Ideen und Gedanken in einem Team aus angenehmen Menschen einzubringen.  
Menschen wollen ja entweder mitgestalten, gebraucht werden, Probleme lösen oder aber das Fehlen dessen mit Kompensationshandlungen erträglich machen. Wahrscheinlich war das schon immer so, heute ist es einfach super deutlich sichtbar. 

Reichtum ist, meine Bedürfnisse ausleben zu können.

Zusammen sind wir reich 

Bei Ting erleben wir die Themen der Comic eins zu eins: 

  • Menschen, die nicht selbstbestimmt wirken können. Die sich aus Erschöpfung wünschen, einfach reich sein zu dürfen.
  • Menschen, die Teil ihres Reichtums an andere weitergeben, weil es ihnen das gute Gefühl gibt, anderen zu helfen.
  • Mitglieder, die durch Ting ihr Leben sinnhafter ausrichten.
  • Menschen, welche die Erlaubnis und die Möglichkeit erhalten, umzusetzen, was sie für sinnvoll erachten.
  • Wir sehen eine Horde tätiger Menschen, die mit ihren Möglichkeiten die Strukturen langsam verändern. In die Richtung, die den Bedürfnissen der jetzt lebenden Menschen entsprechen, nicht denen zuvor. 

Und wir sehen Menschen, die beginnen, Reichtum neu zu definieren. 

Nicht müssen, sondern dürfen.
Nicht leisten, sondern erschaffen.
Nicht kämpfen, sondern sich gegenseitig tragen.

Wenn sich Menschen verändern, hinken die Strukturen meistens hinterher. Darum ist es sinnvoll, Orte zu kreieren, die auf die veränderten Bedürfnisse der Menschen reagieren. Ting ist so einer. 
Wir ermöglichen Menschen sinnhaftes Handeln, Hilfe zur Selbsthilfe, Eigeninitiative, Verantwortungsgefühl, Freiheit, Gemeinsamkeit oder: An etwas arbeiten, das grösser ist, als man selbst.  
Und all dies in Kombination mit der Erreichung der Sustainable Development Goals der Uno. Ting ist  das volle Paket. Wir sind literally die eierlegende Wollmilchsau, weil wir die Freiheit haben, unsere Fähigkeiten an einem sinnhaften Ort zu kanalisieren. Darum ist Reichtum abgeleitet aus diesen Gedanken heute für mich:

Der Beschleuniger für positiven Wandel

Foto Carlo Hafen

Ondine Riesen Co-Founder

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